Die Essenz der Lehre des Buddha Shakyamuni ist die Praxis des stillen Sitzens. Die Erkenntnis oder Erweckung, die Buddha erfahren hat, wird immer weiter gelehrt und von Meister oder Meisterin an Schülerin und Schüler weitergegeben.
Daraus haben sich verschiedene Traditionen, Linien oder Schulen entwickelt, die auch im Zen sehr unterschiedlich sind. So hat sich beispielsweise mit Shunryu Suzuki in den USA eine starke Sangha (Gruppe der Praktizierenden) entwickelt, die sich auch in sozialen Projekten engagiert, und auch in Europa gibt es mittlerweile unzählige Zen-Dojos und einige Tempel, in denen der Weg praktiziert werden kann.
Missen Michel Bovay
Michel Bovay, 1944 in Monthey (VS) geboren, war naher Schüler und Assistent von Meister Taisen Deshimaru. Bis zu seinem Tod 2009 leitete er während mehr als 20 Jahren das Zen Dojo Zürich.
Als ehemaliger Musiker brachte er auch immer wieder künstlerische Elemente in seine Zen-Praxis ein und inspirierte auch seine Schüler zum Ausdruck des Zen-Geistes im Alltag, in der Musik und in der Kunst. Die «Zen-Geschichten», die er in verschiedenen Theatern erzählte, eine Kesa-Ausstellung im Völkerkundemuseum Zürich und das Buch «Zen» (Kösel Verlag) zeugen von der Frische, die Michel Bovay auch im Ausdruck des Zen immer wieder suchte.
Michel Bovay rang stets um ein Gleichgewicht zwischen westlicher Kultur und östlicher Weisheit, er lehrte das Dharma immer im Kontext zu unserer westlichen Lebensführung und ermöglichte dadurch einen Brückenschlag zwischen Ost und West. Sein Anliegen war die Wahrhaftigkeit des Dharma, die tiefe regelmässige Praxis, und das Nicht-Anhaften am kleinen Ich.
Die Schüler von Meister Missen Michel Bovay praktizieren in verschiedenen Dojos weiter und veranstalten in der ganzen Schweiz Sesshins, Zazentage und Kesa-Nähtage.
Taisen Deshimaru
Taisen Deshimaru lebte in Japan und wurde in den 1930er Jahren Schüler von Meister Kodo Sawaki.
Im Unterschied zu den meisten Zen-Meistern führte Taisen Deshimaru trotz seiner Ordination als Bodhisattva sein weltliches Leben als Handelsmann weiter. Er wurde erst 1965 zum Mönch ordiniert und reiste 1967 nach Frankreich mit der Aufgabe, die Zen- Lehre nach Europa zu bringen.
Bereits nach kurzer Zeit versammelte er in Paris viele junge Menschen vor allem auch aus der 68-er Generation und gründete das Zen Dojo Paris. Kurz darauf baute er zusammen mit seinen Schülern den Zen Tempel La Gendronnière in der Nähe von Blois auf, der heute von der japanischen Soto Schule anerkannt ist und in dem immer noch regelmässig Sesshins und längere Übungsperioden veranstaltet werden.
Langjährige Schüler von Taisen Deshimaru führen die Association Zen Internationale seit seinem Tod 1982 in seinem Sinn weiter. Viele von ihnen gründeten weitere Zen- Dojos und bilden ihrerseits Schüler aus. In Europa existieren ca. 200 Zen Dojos und Gruppen, die in der Linie von Kodo Sawaki und Taisen Deshimaru praktizieren. Von der Soto Schule sind viele von ihnen als Zen- Meister anerkannt.
Roland Yuno Rech, Gerard Pilet und Guy Mercier leiten auch regelmässig Sesshins in der Schweiz.
Kodo Sawaki
Kodo Sawaki war einer der einflussreichsten Zenmeister im Japan des 20. Jahrhunderts. Er hob die Bedeutung der reinen Praxis des Zazen hervor und betonte immer wieder, dass das stille Sitzen ohne Absicht und ohne Ziel der wichtigste Bestandteil der Praxis sei. Zudem machte er die Praxis vermehrt auch Laien zugänglich, so dass auch heute noch in den Tempeln in Japan zahlreiche Sesshins für Laien veranstaltet werden. Kodo Sawaki ist für seine radikale Denkweise und seine direkte und unverschnörkelte Sprache bekannt. (Autor des Buches: «Zen ist die grösste Lüge aller Zeiten»)
Dogen Zenji
Dogen wurde 1200 im japanischen Kyoto geboren und mit 7 Jahren Vollwaise. Der frühe Tod seiner Eltern machte ihm die Vergänglichkeit aller Dinge sehr jung auf schmerzhafte Weise bewusst. Obwohl ihn sein Onkel adoptieren wollte, zog er es vor, in einen Tempel zu gehen und Mönch zu werden. Bereits mit 13 Jahren legte er die Bodhisattva-Gelübde ab.
1223 reiste er nach China, um den wahren Ursprung des Zen (Chan) zu erfassen. Nach vier Jahren kehrte Dogen mit einer radikalen Auffassung von Zen, die den etablierten japanischen Klöstern nicht behagte, in seine Heimat zurück. Die Essenz, die Dogen erfahren hatte, war das reine Sitzen (Shikantaza) ohne Absicht, ohne Ziel.
1244 eröffnete er den Zen-Tempel Eihei-ji («Ewiger Friede») der immer noch der Haupttempel des Soto-Zen in Japan ist. Dogen verfasste viele Werke, die die Grundlage der Zen-Praxis präzise beschreiben. Die meisten Soto-Zen-Lehrer berufen sich auf ihn. Dogen starb 1253.
Bodhidharma
Historisch nicht vollständig belegt, soll Bodhidharma (geboren 440 n. Chr.) die Lehre des Buddha von Indien nach China gebracht haben. Da er eine starke Persönlichkeit war, entwickelten sich Legenden um den indisch-tamilischen Mönch, der als erster Patriarch des Chan in China gilt. Er war sowohl vertraut mit höfischen Sitten als auch ein Meister der Kampfkunst.
In China befand sich das bis heute aktive Shaolin-Kloster, in dem er der Legende nach eine vom Mahayana-Buddhismus abgeleitete Philosophie der Selbstbetrachtung lehrte und mit den Mönchen des Klosters den Chan-Buddhismus entwickelte. Diese Lehre gelangte von dort weiter nach Korea, Vietnam und von dort nach Japan, von wo sie als Zen-Buddhismus ab dem 19. Jahrhundert auch im Westen bekannt wurde.
Siddharta Gautama, Buddha Shakyamuni
Der historische Siddharta Gautama lebte ca. 500 v. Chr. in Indien. Er wurde in eine Adelsfamilie geboren und seinem Vater wurde prophezeit, dass er entweder ein grosser weltlicher Führer würde oder - wenn er das Leid der Welt erkennen würde - Weisheit in die Welt bringen würde. Seine Mutter starb 7 Tage nach seiner Geburt.
Die Legende besagt, dass sein Vater versuchte, ihn aufgrund der Prophezeiung vom Leid fernzuhalten. Als junger Mann ging er aber eines Tages in die Armenviertel und sah alte, kranke und sterbende Menschen. Er sah aber auch einen Mönch, der gelassen und friedlich inmitten des Elends ging. Erschüttert von diesem Erlebnis beschloss er, die Wahrheit zu suchen. Er ging zu den Mönchen im Wald, lebte jahrelang in strengster Askese und fand dennoch keine Antwort. Kurz vor dem Verhungern sah er ein, dass auch dieser radikale Weg ihn nicht zur Erkenntnis bringen würde.
Er beschloss, den Mittelweg zu gehen, ernährte und bekleidete sich wieder und eines Tages setzte er sich unter den Bodhibaum und nahm sich vor, nicht mehr aufzustehen, bevor er nicht zur endgültigen Erkenntnis gelangt war. Nach vielen inneren Kämpfen sah er eines Morgens den Morgenstern am Himmel, und er wusste, dass er erwacht war.
Buddha bedeutet «der Erwachte». Seine Erkenntnis - die Lehre - gab Buddha Shakyamuni seinen Schülern weiter und diese wiederum ihren Schülern von Indien über China, Korea nach Japan, von dort nach Europa und Amerika - bis heute.